Gib und Nimm öffnet Türen

Heute habe ich erfahren, daß der Buchfink in Bayern anders singt als der im Ruhrpott! Daß Mailbox so und nicht Mehlbox geschrieben wird, erfuhr ich im letzten Monat. Stumpfe Messer schneiden die Rasenkanten ab, weil sie sich so schnell drehen. Auch das wußte ich nicht bis vor ein paar Tagen. Meine Wissenslücken füllen sich auf – es ist eine wahre Freude! Und das alles durch meine Tätigkeiten bei Gib und Nimm. Zuerst hatte ich gedacht, nur Dinge zu tun, die ich gut kann. Aber im Laufe des ersten Jahres fing ich an, auf Entdeckung zu gehen und dabei viel Spaß zu haben.

” Was findest du nur an einem Computer?” hatte ich früher naserümpfend gefragt, und plötzlich sitze ich da und lasse die Maus über die Scheibe tanzen.

Ich mache Baby-, Hunde- und Haussitting, mähe Rasen, putze Fenster, werde zum Chinesisch, Griechisch, Türkisch Essen eingeladen. Ich lasse mir den Kopf waschen, nehme teil an Vogel- und Fledermauswanderungen, Ausflüge in die Disco und und und

Das Geben und Nehmen in Einklang zu bringen, ist ein herrliches Spiel. Zuerst im geschützten Rahmen, nämlich bei Gib und Nimm, dann immer mehr überall, wo sich Gelegenheiten bieten. Und die bieten sich, bei Öffnung der Herzen. Die These “Je mehr ich gebe, desto mehr bekomme ich” bewahrheitet sich immer mehr. Manchmal geschieht das prompt – so wie letzten Sonntag. Da wurde ich Zeugin, wie ein junger Mann in der Straßenbahn vom Kontrolleur ohne Fahrschein erwischt wurde. Mein Angebot, ihn auf meinem Ticket 2OOO mitzunehmen, kam leider zu spät. “Da hätten Sie mit ihm einsteigen müssen”, hieß es.

Bevor ich in die nächste Bahn stieg, sah ich mir die anderen Wartenden an und sprach dann eine ältere Frau an: “Wenn Sie wollen, können Sie mit mir fahren. Ich darf eine Person mitnehmen”, sagte ich. “Ach,” lachte sie, das ist lustig, ich darf auch jemanden mitnehmen, aber viel weiter, nämlich durch ganz Deutschland.” Ich wurde hellhörig.

“Kennen Sie schon die Gib und Nimm-Zentrale? Wenn Sie da mitmachen, könnten Sie die Fahrten anbieten und sich dafür jemanden kommen lassen, der im Haushalt oder beim Einkauf hilft.” Sie will es sich überlegen, und wer weiß, vielleicht fahre ich mit ihr demnächst nach Bayern!