In meiner Eigenschaft als Haushüterin habe ich sehr viele Häuser
entdeckt, in denen nur eine Person lebt. Oft handelt es sich dabei um
ältere Frauen, die ihre Kinder großgezogen und ihren Mann verloren haben.
Jetzt sitzen sie da, fühlen sich meist überfordert mit der
Instandhaltung von Haus und Garten und haben auch die Motivation hierfür
nicht mehr. Ihre Einsamkeit macht ihnen zu schaffen. Oder in einem großen Haus – auf jeden Fall mit einem Gästezimmer- wohnen
Menschen, die neugierig sind auf andere und darum gern Gäste empfangen.
Auf der anderen Seite gibt es immer mehr Menschen, die gern mal die
Tapeten wechseln, um Kontakte herzustellen und neue Orte kennen zu lernen,
die jedoch nicht über das dafür nötige Geld verfügen.
Die Idee von “Gib und Nimm” ist, Menschen zusammenzubringen, die sich
gegenseitig bereichern können. “Gib und Nimm Häuser” passen hier
wunderbar hinein, denn die einen haben, was die anderen brauchen (z.B. ein
Haus oder Talente, Zeit und Interesse). Die BesucherInnen erklären sich
bereit, für Kost und Logis ein bis zwei Stunden täglich etwas für die
HausbesitzerInnen zu tun – das kann Gartenarbeit oder Hilfe im Haushalt
sein, aber auch Spezielles wie Computerhilfe, Renovierung oder
Schneiderei. Manchmal reicht auch eine GesellschafterIn, eine VorleserIn
oder EinkäuferIn. Die sich Begegnenden sprechen sich entweder vorher oder
vor Ort ab und können jederzeit im gegenseitigen Einverständnis
Änderungen vornehmen. Keineswegs soll es hier um kleinliche Abrechnerei
gehen sondern um ein großzügiges Miteinander.
Die Angereisten dürfen bis zu zwei Monaten in einem Haus bleiben, können
jedoch auch schon nach drei Tagen wieder abreisen. Niemand braucht sich
von Anfang an fest zu legen, beide Seiten können täglich neu
entscheiden.
Gib und Nimm heisst, das Geben und Nehmen in Einklang bringen, Neues
ausprobieren, sich einlassen, aber auch authentisch sein. Es ist ein
Forum, in dem geübt werden kann, alte Verhaltensweisen gegen neue
einzutauschen, beispielsweise Ärger oder andere negative Gefühle nicht
gleich zu verdrängen, einfach herauszuschreien oder wegzulaufen ( je nach
Gewohnheit), sondern genau hinzuschauen. Da alle Gefühle, die durch
andere in uns hervorgerufen werden, etwas mit uns zu tun haben, brauchen
wir nicht nach einem Schuldigen zu suchen sondern können die Situation
als Chance nehmen, mehr über uns zu erfahren und dadurch geistig zu
wachsen. Gern begleite ich – als Außenstehende und Psychotherapeutin –
diese Prozesse.
Viel Freude wünscht Heidemarie Schwermer